Wenn wir heute den Alltag in Regelschulen anschauen, so begegnen uns viele Herausforderungen:
- Schüler lösen Konflikte zunehmend mit Gewalt.
- Immer mehr SchĂĽler haben groĂźe Probleme sich zu konzentrieren.
- Schüler leiden zunehmend unter psychischen Belastungen und Symptomen bzw. Auffälligkeiten wie Kopf- und Bauchschmerzen, Ängsten, Depressionen und Suizidwünschen, sozialem Rückzug und Kontaktproblemen.
- Immer mehr Kinder haben Lernschwierigkeiten und sind den Anforderungen der Schule ohne UnterstĂĽtzung nicht gewachsen.
- Schüler haben weiterhin unterschiedliche Bildungschancen – dies trifft vor allem für Schüler mit Migrationshintergrund zu.
- Viele SchĂĽler verlassen die Schule ohne Abschluss.
Auch im Umgang mit Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen ist es dringlich, nach Wegen zu suchen, wie Integration und Inklusion noch besser gelingen kann. Viele Lehrer wünschen sich heute im System Schule eine pädagogische Fachkraft, die nicht nur stundenweise die Regelschule unterstützt, sondern tagtäglich vor Ort Kinder und Jugendlichen mit einem anderen (heilpädagogischen) Blickwinkel betrachtet und zusätzlich oder als ergänzendes Angebot eingesetzt wird. Als Vorbild dienen Beispiele aus den skandinavischen Ländern, die zeigen, dass es selbstverständlich sein kann, dass Heilpädagogen zum Schulkollegium einer Regelschule gehören.
2007 berichteten Lehrer und Rektoren auf einem Fachtag der Fachakademie Schönbrunn zu dem Thema, dass sie sich trotz Unterstützung des Förderzentrums mit Problemfällen häufig allein gelassen und überfordert fühlen. So würde die Zahl auffälliger Schüler (Aggression, Lernschwierigkeiten, Konzentrations- und Wahrnehmungsstörungen etc.) in Kindergarten und Grundschule zunehmen. Vertreter von Eltern behinderter Kinder wiesen darauf hin, dass die Bereitschaft von Regelschulen in Bayern immer noch stark an die Bedingung geknüpft ist, dass entsprechend kompetentes Fachpersonal vor Ort da ist. Fachkompetente Hilfe vor Ort sei eine absolute Investition in die Zukunft.
Seit Anfang 2007 werden jetzt heilpädagogische Projekte in den Regelschulen des Landkreises Dachau durchgeführt. Es wurden Kooperationen mit einer Hauptschule (gebundenem Ganztagsbereich), einer Grundschule und einer Sozialpflegeschule aufgebaut. Mit dem Projekt wurde das Arbeitsfeld von Heilpädagogen in Regelschulen bekannter gemacht und durch gute Beispiele gezeigt, wie Heilpädagogik in Regelschulen gelingen kann. Wir wollten zeigen, wie Heilpädagogen gemeinsam mit anderen Berufsgruppen zu einer „guten Schule“ beitragen können. Die Ergebnisse der Initiativen wurden innerhalb von zwei Fachtagen dargestellt und diskutiert sowie in einer Broschüre zusammengefasst. Ein Arbeitskreis begleitete die Maßnahmen und entwickelte u.a. einen Flyer für Lehrer.
Wie sollte nun ein heilpädagogisches Projekt aufgebaut werden? Heilpädagogik wird als Oberbegriff für eine spezielle Pädagogik genutzt. Sonderpädagogen arbeiten vorrangig im schulischen Bereich. Heilpädagogen sind eher generalistisch ausgebildet. Sie arbeiten in Förderschulen und ihr Berufsbild hat aber auch eine deutliche außerschulische Orientierung.
Der Blick der Heilpädagogik auf die Regelschule kommt also von zwei Seiten. Es ist ein Blick, der sich auf direkte und indirekte Formen von Förderung bezieht. Einerseits sind unmittelbare Problemschwerpunkte Ausgangspunkt heilpädagogischer Intervention, andererseits sind es eher deren Ursachen und Bedingungsfaktoren.
Handlungsleitende Hypothese der heilpädagogischen Projekte war, dass Sichtweisen über die eigene Person von großer Bedeutung für den schulischen Alltag sind. Vor allem Kinder mit einem besonderen Förderbedarf oder mit drohenden Behinderungen zeigen oftmals eine negative Selbsteinschätzung von sich selbst. Negative Selbsteinschätzungen können jedoch zu negativen Erfolgserwartungen führen (erlernte Hilflosigkeit). Im Sinne einer indirekten Förderung war vorrangiges Ziel der heilpädagogischen Angebote Kinder und Jugendliche vor allem in der Entwicklung eines positiven Selbstkonzeptes zu unterstützen. Dies wurde entsprechend der jeweiligen Rahmenbedingungen und Schulform unterschiedlich ausdifferenziert.
Projektkoordination: Michael Kreisel
(Über dem Artikel das PDF „Schrift Kinder farbe“)